Wie ich male
Reflektiere ich meinen bisherigen Lebensweg, so erkenne ich, dass die wirklich guten und für mich wertvollen Entwicklungen sich oft irgendwie gefügt haben, ohne dass ich diese unbedingt erwartet oder gar verbissen angestrebt habe. Auch daraus schöpfe ich die Zuversicht und Gelassenheit, den Dingen Zeit zu lassen, sich zu sortieren, zu reifen und mir nach und nach ihren tieferen Sinn zu offenbaren. Mit einem zu ehrgeizigen und klar definierten Ziel war für mich auch immer entsprechend großer Frust verbunden, wenn ich dieses nicht hundertprozentig erreichen konnte. Dabei habe ich mitunter übersehen, dass inzwischen schon ein etwas anderes aber mindestens ebenso wertvolles Ergebnis entstanden ist. In den Dingen immer ihre positiven Seiten zu erkennen, hat meine Sicht auf das Leben grundlegend verändert und mir eine neue Lebensqualität, Kraft und Freude geschenkt. Mein Mentor auf diesem Weg war in großem Maße auch die Malerei. Denn auch hier entstehen die schönsten Bilder, wenn ich den Materialien, Farben und Pigmenten erlaube, sich fließend zu begegnen und ihre ganz eigenen Wege und Formen zu finden. Daher beginne ich sowohl in der Aquarell- als auch in der Acrylmalerei häufig rasch hintereinander mit den ersten Aufträgen, die ich nass in nass zueinander bringe und schaue voller Spannung, welche Verbindung sie eingehen, welche Motive sich zeigen und wohin die Reise gehen kann. Somit sind meine Bilder zu Beginn immer wieder kleine Experimente, deren Verlauf ganz bewusst Teil des zunächst ergebnisoffenen Entstehungsprozesses ist. Erst wenn das Bild bereit ist, sich mir zu offenbaren, formuliere ich es mit Hilfe der unterschiedlichsten Materialien weiter aus. Dabei arbeite ich sehr gern lasierend mit vielen transparenten Farbaufträgen, um ihm die gewünschte Tiefe zu verleihen. Bei der Farbwahl verhält es sich ganz ähnlich, wie bei den zum Einsatz kommenden Materialien; hier verwende ich von Aquarellfarben, Tinten und Tusche über meine geliebten Aquarylic-Colors und Kreidefarben gern auch sprühfähige Farben, die hin und wieder auch in Airbrushpistolen zum Einsatz kommen. Sumpfkalk, Marmormehl, Graumehl, Strukturpasten, Künstlerwachs, Flüssigeisen, Eisenspäne, Kreide, Pigmente u.v.m. nutze ich, um zufällig oder auch gezielt Strukturen hineinzubringen, die dem Bild helfen, seine natürliche Lebendigkeit zu entwickeln. Sehr stark pigmentierte konzentrierte und zum Teil irisierende Acrylfarben sowie Ölpastelle helfen mir, den Fokus zu setzen, bringen Kontraste hinein und sorgen für das Spiel von Licht und Schatten.
Fasziniert und immer wieder auch ein bisschen überrascht stelle ich in den allermeisten Fällen dann am Ende fest, dass das entstandene Motiv bewegende Momente aus meinen Erinnerungen zeigt, also aus meinem inneren Auge heraus entstanden ist. Das ist jedes Mal aufs Neue wie ein kleines Wunder, über das ich mich nicht nur freue, sondern eben auch in gehörigem Maße wundere und mich frage: Kann es etwas Schöneres geben, als sich so mitzuteilen?